Was Social-Media-Monitoring über PR-Krisen verrät

Social Media ist zu einem wichtigen Feld der Public Relations und des Marketings geworden. Eine eigene Facebook-Seite oder ein Twitter-Account gehören für die meisten Unternehmen heute ganz selbstverständlich zum Kommunikationsmix. Doch oft mangelt es an der notwendigen Strategie, um diese Kanäle sinnvoll und gewinnbringend in Entscheidungsprozesse einzubinden. „Social Media ist doch Kleinkram und für unser Unternehmen nicht geschäftsrelevant“, glauben viele Führungskräfte. „Die paar Facebook-Beiträge kann Frau Müller aus dem Marketing doch noch nebenher machen.“ Dabei ist Social Media Management weitaus mehr, als alle paar Tage ein lustiges Bildchen in einem Social Network zu veröffentlichen. Durch den direkten Kontakt mit den Nutzern haben Unternehmen die Möglichkeit, Trends frühzeitig zu erkennen und sich darauf einzustellen. Ein fortlaufendes Monitoring ist dabei unerlässlich.

Vor etwa zehn Jahren war die Kommunikationswelt auch im Internet noch in Ordnung: Mit einer eigenen Internetseite, einigen SEO-Tricksereien und Bannerwerbung kontrollierten Unternehmen, was online über sie zu finden ist. Mit dem Durchbruch von Social-Media-Angeboten um das Jahr 2005 änderte sich das: Was und wo über Marken und Unternehmen veröffentlicht wird, bestimmen seitdem in hohem Maße die Nutzer. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, diese Informationen zu nutzen und in ihre internen Entscheidungsprozesse einzubinden.

Um das Jahr 2005 setzte sich Social Media als Kommunikationsform im Internet durch. (Infografik: idfive.com)
Um das Jahr 2005 setzte sich Social Media als Kommunikationsform im Internet durch. (Infografik: idfive.com)

Bei der Vielzahl der Social-Media-Angebote ist es unmöglich, alle Kanäle ohne geeignete Werkzeuge im Blick zu behalten. Ein Beispiel für ein solches Werkzeug ist die Monitoring-Suite Brandwatch. Mit der Anwendung lassen sich Erwähnungen in Blogs, Foren, Social Media und Newsseiten über eine zuvor definierte Suchabfrage finden und analysieren. Die gesammelten Daten bilden die Grundlage für die Auswertung und die Ableitung der Strategie – etwa ob und wie die PR auf Negativschlagzeilen reagieren sollte.

Fallbeispiel: Verbiegen sich Apples iPhones?

Nach dem Verkaufsstart des iPhone6 häuften sich Meldungen, das iPhone6Plus verbiege sich schon beim bloßen Tragen in der Hosentasche. Unter den Hashtags #bentgate und #bendgate sorgte das Thema für einiges Rauschen im digitalen Blätterwald. Ein relativ einfacher Query bildet die Grundlage, um sich die Entwicklung einmal näher anzusehen.

Query

Auf Basis dieser Suchabfrage können für das Social-Media-Monitoring Dashboards erstellt werden. Hier lassen sich die Fundstellen beispielsweise noch Häufigkeit, Medium, Autoren und Stimmungslage (Sentiment) sortieren und filtern. Die Übersichtsseiten geben auch einen Einblick, auf welchen Kanälen das Thema besonders häufig diskutiert wird. Blicken wir etwa auf die Übersicht der Erwähnungen, wird die Bedeutung von Twitter überdeutlich. Außerdem ist zu erkennen, wie die klassischen Medien erst verspätet auf den Zug aufspringen. Manche Tools bieten die Möglichkeit, in jeder Darstellung bis zum eigentlichen Beitrag vorzudringen.

Mentions

Im Fall von Apples #bentgate/#bendgate ergibt sich so in der Analyse das Bild eines klassischen „Shitstorms“. Vor dem 21. September spielt das Thema in Deutschland noch keine Rolle. Diskutiert wird zu diesem Zeitpunkt noch, ob sich das Telefon überhaupt in der Hosentasche verstauen lässt. Am Tag darauf (Montag) veröffentlichen die ersten Fachmedien und Blogs Meldungen über verbogene iPhones. Große Newsportale wie web.de, COMPUTER BILD und GMX nehmen das Thema auf. Auf Twitter setzen sich die Hashtags #bentgate und #bendgate durch.

blogmentionsDabei bleibt es am Dienstag: einige Fachmedien und Twitter-Nutzer diskutieren das Thema sachlich oder belustigt unter sich. Das ändert sich am Tag darauf, als die reichweitenstarken Nachrichten-Seiten wie spiegel.de oder focus.de auf den Zug aufspringen. Inzwischen wird in einem YouTube-Video ein iPhone mit roher Gewalt verbogen – das hat zwar wenig mit dem eigentlichen Thema zu tun, gibt aber schönes Material für die BILD:

Ein besonderer Viral-Coup gelingt auch HR-Volontär Karsten Schmehl, als er ein Reperatur-Kit in die Diskussion einbringt:

Auf Twitter explodiert das Thema nun förmlich – vor allem begünstigt durch diverse Bots und News-Aggregatoren, die die Schlagzeile wieder und wieder duplizieren. Das Bemerkenswerte: wirklich Neues ist in der Sache während der gesamten Zeit nicht hinzugekommen. Bei den hohen Verkaufszahlen des iPhone6Plus und der medialen Präsenz des Themas könnte man viele neue Beschwerden über verbogene Mobiltelefone erwarten. Tatsächlich ist das aber nicht der Fall: Die Diskussion dreht sich immer wieder um dieselben Fotos (Apple selbst spricht von 9 bekannten Fällen), ein YouTube-Video und ein Nudelholz. Eine kleine Renaissance erlebt das Thema in der folgenden Woche, als Apple wegen eines Drucktests der Zeitschrift COMPUTER BILD angeblich den Zugang zu zukünftigen Testgeräten und Produktpräsentationen sperrt.

Der Fall #bentgate/bendgate zeigt, wie in Zeiten der Social Media kleine Ursachen zu einem massiven Anschwellen negativer Erwähnungen in den Social-Media-Kanälen führen können. Problematisch kann das für Unternehmen werden, wenn auch die großen Medien Lunte riechen und auf der Suche nach Reichweite diese Themen aufnehmen. Es spricht Bände, dass sich ein sonst so verschwiegener Konzern wie Apple zu riskanten PR-Volten wie dem Anruf in einer Springer-Redaktion verleiten lässt.

Deshalb ist es wichtig, Unternehmens- und Branchenthemen durchgehend zu beobachten und bei ungewöhnlichen Entwicklungen frühzeitig in die Detailanalyse einzusteigen. Durch die erhobenen Daten erkennt der Social-Media-Manager das Bedrohungspotenzial der (vermeidlichen) PR-Krise frühzeitig. Dieses Wissen hilft Unternehmen, entsprechende Gegenmaßnahmen zu entwickeln und das weitere Vorgehen mit den Fachabteilungen abzustimmen.


westwerk3 berät, entwickelt Strategien und realisiert Kommunikationslösungen für Kunden aus unterschiedlichen Branchen und Bereichen – online, offline und im Social Web. Wenn Sie mehr über den Einsatz von Social Media in der Unternehmenskommunikation wissen möchten, oder andere Fragen haben, nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.

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